Therapiekonzept //

In drei Phasen zur Adaption

 

 

Unseren Rehabilitandinnen und Rehabilitanden wird ein maßvoller Gebrauch von Suchtmitteln mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht (mehr) möglich sein. Deshalb ist die Grundlage aller anderen Therapieziele die Suchtmittelabstinenz.

Weiterhin zielt die Maßnahme wie jede andere in der Rehabilitation Suchtkranker selbstverständlich auf die Verbesserung der Symptome, die zur Behandlung geführt haben. Es geht also um die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit als Voraussetzung für eine erfolgreiche, d.h. möglichst dauerhafte, soziale und berufliche Integration.

Unser aktuelles Therapiekonzept können Sie hier im PDF-Format herunterladen:

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Enger Kontakt zu Fachliniken und Beratungsstellen

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Therapiezentrums Speyer stehen in engem kollegialem Kontakt mit den jeweiligen Sozialabteilungen und Bezugstherapeuten der belegenden Fachkliniken und der Beratungsstellen, um eine möglichst große Kontinuität in der aus verschiedenen Phasen bestehenden gesamten Rehabilitationsmaßnahme zu gewährleisten. In Fortführung der Entwöhnungsbehandlung lässt sich der Aufenthalt in der Adaptionseinrichtung in drei therapeutische Phasen gliedern:

Therapeutische Phasen und Maßnahmen

Phase 1

Die Eingewöhnung

Kennenlernen, Orientieren und Planen der Adaptionsziele

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Phase 2

Die Kernphase

Sechs- bis achtwöchige Übungs- und Trainingsphase

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Phase 3

Entlassung

Gründliche Vorbereitung und Betreuung bei der Entlassung

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PHASE 1: EINGEWÖHNUNG

Diese erste Phase, die i. d. R nicht länger als ein bis zwei Wochen dauert, dient vor allem der Integration der RehabilitandInnen in die neue Einrichtung und der Orientierung, dem gegenseitigen Kennenlernen, evtl. zusätzlicher Diagnostik und der Überprüfung und Planung, wie die Zielvorgaben aus der Vorbehandlung umgesetzt werden können. Wichtiger Bestandteil dieser Phase ist der Abschluss eines individuellen Behandlungsvertrags. Die Eingewöhnungsphase kann beim Vorliegen entsprechender Entlassungsberichte indikationsgeleitet verkürzt werden.

 

Die Eingewöhnungsphase kann beim Vorliegen entsprechender Entlassungsberichte indikationsgeleitet verkürzt werden. Für diejenigen RehabilitandInnen, die ohne vorangegangene Entwöhnungsbehandlung, z. B. direkt aus der Entgiftungsbehandlung, aufgenommen wurden, dauert die Eingewöhnungsphase naturgemäß länger, aber auch hier gehen wir davon aus, dass wir es mit Menschen zu tun haben, die in den vergangenen Jahren i. d. R. schon zwei oder drei Entwöhnungsbehandlungen durchlaufen haben, die mit grundsätzlichen Regeln der stationären Therapie und des Zusammenlebens in Gruppen vertraut sind und die über Basisinformationen der Suchtmittelwirkungen verfügen.

Phase 2: Kernphase

Im Mittelpunkt dieser Phase, die mit 6 bis 8 Wochen den weitaus größten Zeitraum der Maßnahme umfasst, steht die praktische Einübung der in der Phase I der Rehabilitationsmaßnahme neu erworbenen Verhaltensweisen und Einstellungen im realen sozialen und beruflichen Bereich.

Problem- und Trainingsfelder:

  • Persönliche Stabilisierung, Vertiefung von Krankheitseinsicht und Abstinenzmotivation
  • Ergänzung und Modifizierung von Fähigkeiten und Fertigkeiten im beruflichen Bereich (internes Arbeitstraining unter möglichst realistischen Bedingungen)
  • Arbeitserprobung in externen Betriebspraktika
  • weitere Klärung sozialer und juristischer Probleme
  • Aufbau oder Wiederherstellung tragfähiger sozialer Kontakte außerhalb der Einrichtung
  • Realisierung eines aktiven, zufrieden stellenden Freizeitverhaltens (Volkshochschule, kulturelle Angebote, Sport etc.)
  • Grundfertigkeiten im Kochen und in Haushaltsführung
  • regelmäßige Teilnahme an einer externen Selbsthilfegruppe
  • Kontaktaufnahme zu einer weiterbetreuenden Suchtberatungsstelle

Die schrittweise Entwicklung dieser therapeutischen Ziele wird begleitet von ständiger Auswertung, Reflextion und Planung in der Gruppe und in der Einzelbetreuung. 

Behandlung bei Rückfällen

Ein möglicher Rückfall wird hierbei als ein schwerwiegender - jedoch zu integrierender - Bestandteil der Krankheit betrachtet und schließt in der Regel eine Weiterbehandlung per se nicht aus. Dies setzt allerdings die Bereitschaft der RehabilitandInnen voraus, sich mit dem Rückfall konstruktiv auseinanderzusetzen. In der Regel folgen dem Rückfall individuelle Konsequenzen, die der Spezifität des Einzelfalles gerecht werden müssen. Dies können Auflagen (z.B. Tagesberichte oder Einzelgespräche) oder Ausgangsreglementierungen (vor allem zum Schutz der RehabilitandInnen) sein.

Praktisch bedeutet ein Rückfall, dass der zu Beginn der Maßnahme geschlossene Behandlungsvertrag einseitig beendet wird. Das Zustandekommen eines neuen Vertrags ist dann an neue, ggf. strengere Bedingungen geknüpft. Nur wenn ein neuer Vertrag geschlossen werden kann, wird die Behandlung fortgesetzt. 

Wenn sich - nicht nur im Zusammenhang mit Rückfällen - im Verlauf der Adaptionsphase herausstellen sollte, dass jemand mit der Maßnahme überfordert ist oder die Angebote nicht adäquat nutzen oder umsetzen kann, betreiben wir ggfs. eine Vermittlung in eine langfristige Betreuungseinrichtung, z.B. ein stationär betreutes Wohnen oder die Verlegung in ein soziotherapeutisches Heim.

Phase 3: Vorbereitung der Entlassung und Ablösung

Die Entlassungsvorbereitung beginnt, wenn die wesentlichen Ziele der Behandlung nahezu erreicht sind. Dazu gehören i. d. R. ein erfolgreich abgeschlossenes Praktikum, eventuell ein fester Arbeitsplatz oder die begründete Aussicht darauf, eine eigene Wohnung oder betreute Wohngemeinschaft sowie private Kontakte und die Einbindung in eine Selbsthilfegruppe und ein soziales Umfeld. Wenn im Einzelfall eine Weiterführung der Behandlung über den genehmigten Zeitraum hinaus zur weiteren Stabilisierung erforderlich ist, kann die Maßnahme in Absprache mit dem Leistungsträger verlängert werden. Andererseits ist natürlich auch eine Verkürzung der bewilligten Zeitdauer möglich, wenn die Ziele bereits früher erreicht sind.

Die Entlassungsphase ist sicher die schwierigste Zeit der gesamten Rehabilitationsmaßnahme. Dem vor dem herannahenden Entlassungstermin wachsenden Stress bei den RehabilitandInnen kann aber wirksam nur begegnet werden, wenn die Vorbereitungen dafür bereits während der gesamten Maßnahme getroffen wurden. Dazu gehört auch, eventuell notwendige Leistungen außerhalb der medizinischen Rehabilitation mit den RehabilitandInnen zu besprechen und bei den dafür zuständigen Leistungsträgern rechtzeitig zu beantragen. So können sachgerechte Lösungen gefunden, Zuständigkeitsstreitigkeiten mit anschließenden Kostenerstattungsproblemen vermieden und die Sorgen und Ängste der RehabilitandInnen verkleinert werden. 

Den wichtigsten Beitrag für einen problemlosen Übergang leisten natürlich erreichte Rehabilitationsziele, nämlich eine erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung, die wiederhergestellte Erwerbsfähigkeit und nach Möglichkeit und eine gelungene berufliche und soziale Reintegration.

 

Selbsthilfegruppe

Schon während der Adaption sind alle RehabilitandInnen gehalten, Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe an ihrem künftigen Wohnort aufzunehmen und möglichst viele Beziehungen zu anderen Betroffenen herzustellen. Auch die Einbindung in andere Vereine oder Interessengemeinschaften ist hilfreich zur Strukturierung der freien Zeit und wird von uns unterstützt. 

Wenn der Anschluss an eine Selbsthilfe- oder Abstinenzgruppe für den/der RehabilitandInnen nicht ausreicht, kommen weitere ambulante Leistungen in Betracht, die rechtzeitig vor der Entlassung vorbereitet und beantragt werden müssen. Denkbar wäre eine ambulante Nachsorgetherapie als weitere Leistung der medizinischen Rehabilitation, aber auch eine ambulante Psychotherapie zu Lasten der Krankenversicherung kommt bei entsprechender Indikation in Betracht. 

Aufgrund der häufig vorkommenden Schwierigkeiten mancher RehabilitandInnen, trotz vorhandenen Angebots angemessene Wohnmöglichkeiten zu finden (z. B. wegen fehlenden Geldes für eine Kaution o. ä.), bietet das Therapiezentrum Speyer in eigenen Wohngemeinschaften Wohnraum für die Zeit nach der Entlassung an. Dort können sie im Untermietverhältnis für einen begrenzten Zeitraum leben, bis sie eine eigene Wohnung gefunden haben. Diese Ehemaligen halten - wie übrigens auch viele andere, die sich im Raum Speyer niedergelassen haben - regelmäßigen Kontakt zur Einrichtung, berichten, wie ihr Leben sich gestaltet und holen sich Rat und Hilfe, wo es nötig ist. 

Trotz teilweise erfolgreich verlaufener Wiedereingliederung z. B. in ein Arbeitsverhältnis kann, falls noch Defizite in der Tagesstrukturierung oder im Kontaktbereich bestehen, auch die Weitervermittlung in eine andere Einrichtung z. B. des Betreuten Wohnens angezeigt sein.

Vernetzung

Wie schon an anderer Stelle in dieser Konzeption erwähnt, macht die sinnvolle Ausgestaltung der Adaptionsphase eine enge Zusammenarbeit mit allen Institutionen der Suchtkrankenhilfe notwendig. Um die Arbeit der Suchtberatungsstellen zu erleichtern und eine möglichst frühzeitig die Gesamtbehandlung umfassende Beratung von Suchtkranken zu ermöglichen, werden die dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig über personelle und konzeptionelle Entwicklungen informiert und zu Besuchen in die Einrichtung eingeladen. 

Insbesondere mit zahlreichen regionalen und überregionalen Einrichtungen der Behandlungsphase, den Fachkliniken, unterhält das Therapiezentrum Speyer enge und lebendige Kontakte durch regelmäßige wechselseitige Besuche, durch Informationsaustausch und ausführliche Fallbesprechungen der gemeinsamen RehabilitandInnen. 

Um den optimalen Verlegungszeitpunkt von RehabilitandInnen von der Behandlungs- in die Adaptionsphase zu finden, ist eine möglichst genaue Kenntnis der Aufgaben, der Arbeit und der Möglichkeiten der Phase II wünschenswert. So kann einerseits eine bei zu früher Verlegung möglicherweise notwendige Rückführung von RehabilitandInnen in die Fachklinik vermieden werden, andererseits soll die Wiederholung einzelner Therapiebausteine ausgeschlossen und so die knapp bemessene Gesamtbehandlungszeit optimal genutzt werden. 

Der Vollständigkeit halber soll an dieser Stelle aber auch nochmals auf die gute und notwendige ständige Zusammenarbeit mit den Reha-Beratern der Leistungsträger, mit den Arbeitsämtern in Speyer und an den Heimatorten der RehabilitandInnen, mit den kooperierenden Betrieben, Geschäften und Institutionen verwiesen werden, die oben erwähnt wurden. 

Gute Vernetzung bedeutet außer der systematisierten Zusammenarbeit mit medizinischen und psychosozialen Aufgabenpartnern auch die Einbindung in einen externen Qualitätszirkel mit anderen Adaptionseinrichtungen. Das Therapiezentrum Speyer gehört zu den Gründungsmitgliedern des Qualitätszirkels Adaptionseinrichtungen im Fachverband Sucht e. V." und arbeitet seit 1998 in diesem Arbeitskreis mit (siehe Qualitätssicherung).